Familien(er-)leben
Ein Artikel aus dem
Rundbrief "aktuell" 02/2006 des Glaubenszentrum Bad Gandersheim
von Ernst Looser: Er ist im Leitungsteam des
Glaubenszentrums und verantwortlich für die
Familien-, Jugend- und Kinderarbeit.
Kürzlich war ich
mit den Kindern meiner Kindergruppe im Alter von 6-11 Jahren rodeln. Wir machten
ein Wettrennen, wer zuerst den Hang runter gerodelt ist. So entstand schon am
Start und auf der ganzen Strecke ein Gerangel um den ersten Platz. Ein Junge
schaffte es dann lediglich, zweiter zu werden. Darüber war er so erbost, dass er
sich auf den Boden warf, schrie und weinte und vor Ärger mit aller Kraft in den
Schneehang trat (zum Glück nicht gegen die anderen Kinder!).
Der Kleine tat mir so leid. Da war er nun mit seinen enttäuschten
Ambitionen, die sich in ihm überschlugen, aus ihm hervorbrachen und die er nicht
in den Griff bekam. Mit ganzer Seele und mit all seiner Kraft machte er seinem
Unmut Luft! Welch ein Kontrast zum Wandel im Geist der Sanftmut, wie ihn uns
Paulus immer wieder nahe legt. Doch wer lehrt sie und führt sie in einen
Lebenswandel mit dem Herrn hinein? Im Sportverein lernen sie zu gewinnen und
Höchstleistungen zu bringen, im Musikunterricht lernen sie das Instrument
beherrschen, in Gymnastik-, Theater- oder Ballettunterricht geht es darum, sich
mit ihrem Körper elegant auszudrücken. Doch wo lernen sie den Herrn zu lieben?
Wer bringt ihnen bei, was es heißt, Gott mit ganzem Herzen, von ganzer Seele und
mit all ihrer Kraft zu lieben? Diese Dinge lernen sie nicht in einem Verein,
sondern das ist die Aufgabe der Eltern! Gott selbst hat ihnen den geistlichen
Erziehungsauftrag zugesprochen, wie er sich in den Psalmen widerspiegelt:
Was wir gehört und
erfahren haben, was schon unsere Väter uns erzählten, das wollen wir auch
unseren Kindern nicht verschweigen. Jede Generation soll von den mächtigen Taten
Gottes hören, von allen Wundern, die er vollbracht hat.
Psalm 78,4
Doch wie
kann dieser Erziehungsauftrag, den wir auch in 5. Mose 6,7-9 finden, praktisch
aussehen?
Fange im Babyalter an
Bereits im Mutterleib nimmt das Kind Stimmungen auf und
spürt, ob es willkommen ist. Im Babyalter helfen einfache Liebeslieder über Gott
und die Bibel sowie der Zuspruch, dass das Kind wunderbar gemacht ist. Um dem
Kind Liebe, Annahme und das Gefühl des Angenommenseins zu vermitteln, müssen
Eltern ihre Liebe ausdrücken. Dass sie geliebt, gewollt und angenommen sind,
erfahren sie durch die zum Ausdruck gebrachte Liebe der Eltern.
Die alltäglichen „kleinen" Dinge
Wir haben uns als Familie sogar ein Flanellset gekauft, um
den Kindern biblische Lektionen visuell zu vermitteln. Mit Hilfe dieser
Flanellbilder konnten wir Themen wie Vergeben, Danke sagen, Teilen oder Gehorsam
aufarbeiten und ihnen auf einfache Art und Weise beibringen. Vor dem Einschlafen
habe ich oft zwei Handpuppen verwendet, die (interessanterweise) ähnliche Dinge
wie die Kinder am Tag erlebt hatten. Das half den Kindern, ihr eigenes Verhalten
zu reflektieren und zu verstehen, welch ein Verhalten Gott gefällt. Obwohl ich
kein sehr begabter Puppenspieler bin, hat diese Zeit immer viel Spaß gemacht und
wir haben sehr viel zusammen gelacht. Jetzt, da unsere Kinder etwas älter sind,
fragen wir sie nach ihren „Hochs" und „Tiefs" - das schönste und das
unerfreulichste Erlebnis des Tages. In dieser Zeit gehen wir noch einmal auf
besondere Vorkommnisse ein. Sie sollen lernen auszudrücken, wie sie sich
fühlten, als beispielsweise der Lehrer die Klasse anschrie. Hierbei geht es
nicht primär um richtig oder falsch, sondern wir signalisieren ihnen, dass wir
sie verstehen und ihre Gefühle ernst nehmen.
Mache sie vertraut mit Jesus
Dann ist der Schritt dran, sie zu Jesus, ihrem Erlöser zu führen. Jesus soll den
Kindern von klein auf als ihr Freud vorgestellt werden - als jemand, der sie
versteht, sie liebt und ihnen Gutes tut (vgl. Apg 10,38). Kinder erkennen
erstaunlich früh (schon ab 2 Jahren), dass sie Dinge tun, die nicht gut sind und
die sie eigentlich nicht tun wollen. Auch sie können glauben, und auch für sie
ist das Evangelium die Kraft zum Heil (vgl. Röm 1,16). Zurück zum Beispiel mit
dem Jungen beim Rodeln. Wie froh war ich zu wissen, dass dieser Junge Jesus in
sein Leben aufgenommen hatte und ein Kind Gottes war (vgl. Joh 1,12). Jesus war
sein Erlöser und auch sein Herr. Nachdem er sich beruhigt hatte - und übrigens
auch einmal Erster war -, konnte ich mit ihm über seine Reaktion sprechen.
Daraufhin sah er sein Fehlverhalten ein und entschuldigte sich bei seinem Freund
für die verletzenden Worte. Er war sich in seinem Herzen bewusst, dass er Jesus
brauchte, der ihn verändern würde. Der Junge akzeptierte Jesu Herrschaft in
seinem Leben, auch wenn es ihm in diesem Moment schwer fiel.
Gebet
Beten lernt man beim Beten.
Kindergebete sind manchmal sehr kurz. Doch Gott hat sich durch den Mund der
Kinder eine Macht zubereitet, um den Teufel zum Schweigen zu bringen (vgl. Ps
8,3). Lehre sie, vor dem Essen zu danken, für Kranke zu beten und intensiv zu
beten, wenn eine Not da ist. Da die Gebete unserer Kinder auch immer sehr kurz
und auch nicht sehr kreativ waren, haben wir zusammen die Psalmen 121, 91 und 23
auswendig gelernt. Dabei merkten wir: Kinder können das sogar schneller als
Erwachsene! Nun beten wir manchmal vor dem Essen einen Psalm oder Teile davon.
Im Beten von Gottes Wort liegt Kraft! Ein Bild sagt mehr als tausend Worte! Eine
Gebetsliste mit aktuellen Fotos von Freunden, anderen Kindern oder Missionaren
hilft, um jeden Tag für jemanden zu beten. So sind sie Teil von etwas Großem und
hören begeistert zu, wenn dann die Missionare zu Besuch kommen und erzählen, was
sie mit Gott erlebt haben. „Pray together, stay together" - eine Familie die
zusammen betet, bleibt zusammen!
Mahl des Herrn
Ich kenne Familien, die jeden
Freitagabend zum Beginn des Sabbat das Mahl des Herrn feiern und gemeinsam für
Israel beten. Das ist ein wunderbares Beispiel dafür, wie man regelmäßige
Traditionen in der Familie einführen kann. Ich kann mich noch gut an unser
erstes gemeinsames Mahl des Herrn als Familie erinnern. Mit Hilfe eines
Bilderbuches habe ich den Kindern erklärt, wie Jesus das Mahl mit seinen Jüngern
gefeiert hat. Die Kinder waren voll bei der Sache. Doch dann, beim praktischen
Teil, ging alles schief: Der Saft wurde verschüttet, das Brötchen fiel auf den
Boden und beim Beten herrschte allgemeines Desinteresse, weil sie endlich mit
dem Essen anfangen wollten. Am Ende war ich sehr frustriert und dachte: nie
wieder! Doch zu meiner Überraschung fragte eine meiner Töchter gleich die Woche
darauf, wann wir das mit dem Mahl wieder machen würden, das sei so toll gewesen!
Gottes Wort lesen
Als die Kinder klein waren, nutzten wir die Abendbrotzeit, um aus einer Kinder- oder Comicbibel vorzulesen. Mit der Einschulung haben unsere Kinder ihre erste eigene Bibel in der Schultüte erhalten. Daraus lasen wir jeden Morgen vor dem Frühstück einen Abschnitt vor. Oft hatten die Kinder Fragen oder verstanden etwas nicht. Dann kamen immer Marmeladenglas, Margarine, Brotkorb, Messer und Tassen zum Einsatz, um zu illustrieren, was wo stattfand und wie die Zusammenhänge zu verstehen sind. Heute haben die Kinder im Rahmen ihrer Kindergruppen einen eigenen Bibelleseplan mit einer Bibellesehilfe. Dabei unterstützen wir sie und ermutigen sie, anhand dieser Hilfsmittel selbständig ihre Bibel zu lesen.
Familiengottesdienst
Sporadisch feiern wir unseren eigenen Familiengottesdienst. Das kann ein freier Samstag oder Sonntag sein. Beim Frühstück werden der Ablauf und die Aufgaben festgelegt. Dann herrscht emsiges Vorbereiten, und mit etwas Verspätung geht es dann auch los. Wir staunen immer wieder über die Kreativität der Kinder. Sie führen Anbetungstänze vor, leiten den Lobpreis mit einer Kinder-CD oder präsentieren eine Predigt aus einem Bilderbuch. Diese Zeiten sind echte „Familienhighlights".
Kreative Familienzeit
Diese Auflistung soll eine Ermutigung sein für alle, die sagen: „Ich möchte ja, weiß aber nicht wie." Wenn bei euch noch nichts von alledem funktioniert hat, lasst euch bitte nicht entmutigen! Des Teufels liebste Gegenstände sind die lange Bank und eine alte Leier. Also schiebe es nicht mehr länger auf, sondern fange an, in der Familie „ein neues Lied" anzustimmen. Eine Familie mit größeren Kindern und Teenagern fing an, am Sonntagnachmittag ein Familientreffen zu machen. Sie nahmen einen Würfel, bei dem jede Zahl ihre Bedeutung hatte. „1 " hieß zum Beispiel: Lied singen, „2" bedeutete: Abschnitt aus der Bibel lesen, „3": ein Spiel machen, „4": etwas aus dem Leben erzählen usw. Die Vorschläge wurden gemeinsam zusammen getragen und dann wurde über mehrere Stunden gespielt und sie hatten herrliche geistliche Gemeinschaft.
Gottes Reich ist dynamisch
Kinder wachsen sehr schnell. Auch
unsere Familienzeiten sollten sich dem Wachstum der Kinder anpassen. Das Tolle
an Familie ist: Du musst es nicht alleine machen, sondern wir machen es
gemeinsam! Das Ziel ist nicht eine tolle Familienandacht, sondern das, was wir
in Psalm 78,7 lesen:
Sie alle sollen auf Gott ihr Vertrauen setzen und seine Machttaten nicht vergessen. Was er befohlen hat, sollen sie tun.
Du hast nur eine kurze Zeitspanne die Gelegenheit, das Leben deiner Kinder zu prägen und sie in den Wegen des Herrn zu unterweisen. Neueste Forschungen haben ergeben, dass die Bildung der eigenen Weltanschauung bereits mit dem 6. Lebensjahr abgeschlossen ist. Danach wird sie nur noch leicht verändert! Lenin, einer der Väter des Kommunismus, sagte: „Gebt mir vier Jahre zur Unterweisung von Kindern und der Same, den ich säe, wird nie mehr ausgerissen werden." Wenn schon eine gottlose Ideologie das erkannte und zu nutzen wusste, wie viel mehr sollten wir als Christen diese Strategie erkennen und - und auf der Grundlage ewiger Werte - erfolgreich umsetzen? Auf dass unsere Kinder ihr Vertrauen auf Gott setzen und seine Machttaten niemals vergessen!
Die Rundbriefe können Sie im PDF-Format auf
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(Letztes Update: 22.05.2006)